Project Description

ERITREA

Geografie

Eritrea liegt im Nordosten Afrikas am Roten Meer. Es grenzt im Westen an den Sudan, im Süden an Äthiopien und im Südosten an Djibouti. Nordöstlich von Eritrea befinden sich am gegenüberliegenden Ufer des Roten Meeres Saudi-Arabien und Jemen. Die Fläche des Landes beträgt ca. 120‘000 km2, die Küstenlinie am Roten Meer ist 1‘151 km lang.

Geschichte

Das eritreische Hochland war über Jahrhunderte Bestandteil des abessinischen Königreichs und ist deshalb vom orthodoxen Christentum geprägt. Das Tiefland an der Küste stand unter wechselnden Einflüssen: Mehr als 300 Jahre lang war es eine osmanische und ägyptische Kolonie, was für die Verbreitung des Islams sorgte. Von 1890 bis 1941 war Eritrea eine italienische, ab dann eine britische Kolonie – bis die Vereinten Nationen 1952 beschlossen, Eritrea föderativ mit Äthiopien zu verbinden. Eritrea behielt dabei weitgehende Autonomie mit eigener Regierung, eigenem Parlament, eigener Flagge und Verfassung. Äthiopien schränkte die Autonomie Eritreas jedoch sukzessive ein und deklarierte Eritrea im Jahr 1962 als Provinz Äthiopiens.

In Eritrea nahmen bewaffnete Organisationen den Kampf für die Unabhängigkeit auf. Der Krieg um die Unabhängigkeit endete 1991. In einem von den Vereinten Nationen überwachten Referendum sprachen sich 1993 99.8 % der Eritreer für die Unabhängigkeit aus, die nun auch international anerkannt wurde. EPLF-Führer (heutige PFDJ: People’s Front for Democracy and Justice) Isaias Afewerki wurde Staatsoberhaupt. Er ist es bis heute.

Einwanderung

Gründe für die Migration

Die Leute aus Eritrea fliehen hauptsächlich wegen dem diktatorischen Regime Eritreas. Nicht selten wird Eritrea mit Nordkorea verglichen. Ein weiterer und wesentlicher Grund für die Flucht vieler junger Menschen ist die unbestimmte Dauer des Militärdienstes (oft lebenslang), der von Menschenrechtsorganisationen mit unbefristeter Zwangsarbeit gleichgesetzt wird.
Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International berichten ausserdem über massive Menschenrechtsverletzungen: Menschen werden willkürlich verhaftet; sie werden gefoltert und vergewaltigt; Menschen verschwinden spurlos. Die Meinungs- und Religionsfreiheit sind massiv eingeschränkt, und es gibt keine unabhängige Presse. Viele junge Menschen in Eritrea sehen keine Zukunftsperspektive, weshalb sie die Flucht ergreifen.

Ausbildung

Schulsystem/Bildungssystem (Lehre, Arbeit, Praktikum)

Das Schuljahr beginnt jeweils im September und Endet im Juni. Das Tragen von Uniformen ist obligatorisch. In der Regel wird ein Kind mit 6 Jahren in die 1. Primarklasse eingeschult (in den Dörfern sind die Kinder manchmal älter). In der Regel ist der Schulbesuch kostenlos, die Familien der Schüler müssen allerdings Schulmaterial, Uniformen und Transport selbst bezahlen. Die Einschulungsrate der Mädchen ist geringer als die der Knaben.

Das Schulsystem in Eritrea besteht aus:
•    zwei Jahren Kindergarten (allerdings gibt es Kindergärten meist nur in den Städten)
•    Primarschule (1. – 5. Klasse)
•    Mittelstufe (Junior School: 6. – 8. Klasse)
•    Oberstufe (High School: 9. – 12. Klasse

Am Ende des achten Schuljahres findet vor dem Übertritt in die High School eine nationale Prüfung statt, welche etwa zwei Drittel der Schüler bestehen. Das letzte Schuljahr (12. Klasse) findet für alle Lernenden beider Geschlechter im militärischen Ausbildungszentrum in Sawa statt. Es wird mit einer Maturitätsprüfung (Eritrean School Leaving Certificate Examination) abgeschlossen. Die besten Absolventen erhalten die Möglichkeit, an einer der Hochschulen (Colleges) des Landes zu studieren, können aber nicht auswählen, an welcher.

Wer schlechter abschneidet, kann eine der technischen Berufsschulen besuchen. Nicht alle erlernen einen Beruf. Viele der Schüler/Rekruten werden direkt in den Militärdienst eingeteilt. Nach Abschluss eines Studiums oder einer Berufslehre wird man in der Regel vom Staat im Rahmen des Militärdienstes eingesetzt, um im erlernten Beruf dem Staat zu dienen. Demobilisierungen gibt es selten.

Gesundheitssystem

Das Department of Health Services, das dem Gesundheitsministerium untersteht, ist für das Gesundheitswesen verantwortlich. Dieses ist folgendermassen aufgebaut:
•    Primäre Gesundheitsversorgung: 187 Gesundheitsstationen im ganzen Land, die von Krankenschwestern geführt werden.
•    Sekundäre Gesundheitsversorgung: ca. 20 Community Hospitals und 55 Gesundheitszentren, die von Ärzten oder erfahrenen Krankenschwestern geleitet werden.
•    Referral Hospitals in allen Zoba-Hauptstädten sowie fünf Referral Hospitals in Asmara: Orotta, Halibet, Hazhen, St. Mary (Psychiatrie), Berhane Ayni (Augenmedizin).

Seit der Unabhängigkeit hat Eritrea den Zugang zur medizinischen Versorgung massgeblich verbessert. Das Gesundheitswesen wird grösstenteils vom Staat finanziert. Patienten müssen einen Teil der Kosten tragen. Sehr arme Personen können sich auf ihrer Kebabi-Verwaltung eine Armutsurkunde ausstellen lassen und werden kostenlos behandelt. Medikamente werden nur im Spital ohne Bezahlung abgegeben, beim Bezug in der Apotheke muss man sie selbst bezahlen. Personen mit Armutsurkunde erhalten im Spital kostenlos einen Vorrat an Medikamenten. Ein Krankenkassensystem wie in der Schweiz existiert nicht.

Soziales und kulturelles Leben

Familie

Der unbefristete Militärdienst hat das Familienleben in Eritrea spürbar beeinflusst. Der Mann ist in der Regel im Militärdienst, während die Frau zu Hause für die Familie sorgt. Der Mann/Vater kommt lediglich für den Urlaub nach Hause. Ansonsten gibt es kaum ein gemeinsames Ehe-/Familienleben.

Erziehung

Die Erziehung der Kinder erfolgt nicht ausschliesslich durch die Eltern, sondern auch durch Geschwister, Verwandte, Nachbarn und Dorfbewohner. In Eritrea wird ein Kind primär zum Gehorsam erzogen (nicht in erster Linie zur Selbständigkeit, wie zum Beispiel in der Schweiz). Die Strenge und Kontrolle werden allerdings als liebevolle Fürsorge empfunden und nicht als Einschränkung.

Traditionen

Wichtig sind religiöse Feste, an denen die Leute zuerst die Kirche besuchen und dann gemeinsam essen. Als wichtiger Brauch zählt in Eritrea zudem die Kaffeezeremonie, welche mehrere Stunden dauert und aus mehreren Gängen besteht. Musik und Tanz stellen ebenfalls einen sehr bedeutungsvollen Teil des Brauchtums dar. Insbesondere Hochzeitsfeste dauern mehrere Tage.

Religion

Die Bevölkerung setzt sich zusammen aus rund 50 % Moslems und 50% Christen. Die Christen leben vorwiegend im Hochland, die Muslime im westlichen und im Küsten-Tiefland. Offiziell besteht in Eritrea Religionsfreiheit. Anerkannt sind aber nur vier Glaubensrichtungen: die katholische Kirche, die evangelisch-lutherische Kirche, die eritreisch-orthodoxe Kirche sowie der sunnitische Islam. Seit 2002 ist die Zugehörigkeit zu allen nicht registrierten Religionsgemeinschaften (Pfingstgemeinde, Zeugen Jehovas etc.) verboten.

Rollenbilder Mann/Frau

Eritrea ist eine patriarchalische Gesellschaft; dies bestimmt die Geschlechterrollen. Der Mann arbeitet in der Regel und verdient das Geld für die Familie, die Frau ist für den Haushalt und die Kindererziehung zuständig. Das variiert jedoch je nachdem, ob man in der Stadt wohnt oder auf dem Land, ob man Bildung genossen hat oder nicht und ob man (insbesondere als Frau) am Unabhängigkeitskampf teilgenommen hat oder nicht. Es gibt Frauen, die berufstätig sind und sich eine Hausangestellte oder einen Babysitter leisten können.

Die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist durch die patriarchalische Struktur geprägt. Während dem Unabhängigkeitskampf (1961 – 1991) waren Kämpfer und Kämpferinnen gleichgestellt. Nach der Unabhängigkeit und Rückkehr ins Zivilleben war es für die Gesellschaft schwierig, diese Gleichstellung von Mann und Frau zu akzeptieren. Viele Familien wollten „ihre“ Mädchen bzw. Frauen wieder in einer eher traditionellen Rolle haben, das heisst hinter dem Herd und unter ihrer Kontrolle. Für viele Kämpferinnen kam dies nicht in Frage. Sie wollten ihre Gleichheit und ihre Rechte nicht aufgeben. Die Frauen in Eritrea mussten und müssen sich heute noch ihre Gleichberechtigung erkämpfen.

Rückkehr

Eritreische Flüchtlinge pflegen ihre Beziehung zum Herkunftsland, sprich zur Familie, sofern dies möglich ist (schlechte Telefonverbindungen auf dem Land, schwaches Internet). In der Regel besteht wegen der politischen Situation in Eritrea kein Wunsch zur Rückkehr.

Dieser Text wurde von der Kulturvermittlerin aus Eritrea erarbeitet

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